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Erhebung: Mikrozensus (MZ)

Abstract

Der Mikrozensus ist die amtliche Repräsentativitätsstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt in Deutschland und mit einem Auswahlsatz von 1 % der Bevölkerung die größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa. Sie wird seit 1957 in Westdeutschland und seit 1991 auch in den neuen Bundesländern durchgeführt. Grundlage des Mikrozensus ist die gesamte wohnberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Ab dem Erhebungsjahr 2020 ist neben der bereits seit 1968 integrierten Arbeitskräfteerhebung (LFS) auch die vorher separat erhobene Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) in die Mikrozensuserhebung integriert. Die Arbeitskräfteerhebung wird seit 2020 durch eine unterjährige Wiederholungsbefragung ergänzt. Darüber hinaus ist ab dem Erhebungsjahr 2021 auch die Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in privaten Haushalten (IKT) integriert.

Das Fragenprogramm des Mikrozensus besteht aus einem gleichbleibenden Grundprogramm, das sozioökonomische Grundinformationen liefert und die laufende Beobachtung des Arbeitsmarktes ermöglicht. Neben den jährlich zu erhebenden Merkmalen des Grundprogramms werden in Ergänzungsprogrammen mit unterschiedlichen Auswahlsätzen weitere Angaben zu den Themen Aus- und Fortbildung, aktuelle und frühere Erwerbstätigkeit und Erwerbsbeteiligung erhoben. Darüber hinaus gibt es Zusatzprogramme mit Merkmalen unterschiedlicher Themenschwerpunkte, die nicht jährlich erhoben werden. Weitere internationale Zusatzprogramme kommen rotierend oder in Form von Ad-Hoc-Modulen vor.

Geographische Abdeckung

Deutschland

 


Durchführende Organisation

Die organisatorische und technische Vorbereitung des Mikrozensus erfolgt im Statistischen Bundesamt. Für die Durchführung der Befragung und die Aufbereitung sind die Statistischen Landesämter (dezentrale Statistik) zuständig.


Grundgesamtheit

Gesamte wohnberechtigte Bevölkerung in Privathaushalten und Anstaltsunterkünften am Haupt- und Nebenwohnsitz. (Nicht zur Erhebungsgesamtheit gehören Angehörige ausländischer Streitkräfte sowie ausländischer diplomatischer Vertretungen mit ihren Familienangehörigen. Personen ohne Wohnung (Obdachlose) haben im Mikrozensus aufgrund der Anlage als Flächenstichprobe keine Erfassungschance.)


Stichprobe

Auswahlverfahren

Einstufig geschichtete Klumpenstichprobe (seit 1972)

Auswahlsatz

Grundprogramm: 1 % der Wohnbevölkerung

2005-2011: Ad-hoc Module 0,1 %; Strukturvariablen des EU Labour Force Survey 0,1 %

2012-2019: Ad-hoc Module 0,1 %; Strukturvariablen des EU Labour Force Survey 1 %

2020: Labour Force Survey (LFS) höchstens 45 % der Gesamtstichprobe; Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) höchstens 12 % der Gesamtstichprobe (wurde bis einschließlich 2019 separat erhoben)

Ab 2021: Labour Force Survey (LFS) höchstens 45 % der Gesamtstichprobe; Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) höchstens 12 % der Gesamtstichprobe (wurde bis einschließlich 2019 separat erhoben); Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT-Haushalte) höchstens 3,5 % der Gesamtstichprobe (wurde bis einschließlich 2020 separat erhoben)

Auswahlgrundlage

Während bis einschließlich 2015 die Grundauswahl für die alten Bundesländer auf Ergebnissen der Volkszählung 1987, für die neuen Bundesländer und Ost-Berlin auf Ergebnissen aus dem Bevölkerungsregister Statistik der DDR 1990 basierte, dient ab dem Berichtsjahr 2016 der Zensus 2011 als Auswahlgrundlage für den Mikrozensus. Die gezogene Grundauswahl wird jährlich durch zwischenzeitlich neu entstandene Gebäude bzw. Wohnungen aktualisiert. Ab 1990 erfolgt die Aktualisierung durch eine Neubauauswahl auf Grundlage der Bautätigkeitsstatistik, wobei die Auswahlbezirke der Neubauauswahl im Unterschied zur Grundauswahl sechs Wohnungen umfassen. In den Mikrozensen 1972-1989 wurde die Ergänzungsauswahl mittels Erfassung der Neubautätigkeit in den ausgewählten Gemeinden durch Interviewermeldungen für bereits bestehende Auswahlbezirke, sonst durch Erfassung anhand von Bebauungsplänen o. ä., umgesetzt.

Auswahleinheiten

Die Auswahlbezirke (Primäreinheiten) sind künstlich abgegrenzte Flächen (Klumpen), die i. d. R. benachbarte Gebäude umfassen; bei größeren Gebäuden ist nur ein Gebäude bzw. ein Gebäudeteil enthalten. Befragt werden alle in den ausgewählten Bezirken wohnenden Haushalte. Bis zum Mikrozensus 1989 umfasste ein Auswahlbezirk durchschnittlich 23 Wohnungen. Zur Verbesserung der Regionalisierbarkeit wurde 1990 die durchschnittliche Größe der Auswahlbezirke verkleinert. Ein Auswahlbezirk der Grundauswahl umfasst seitdem durchschnittlich 9 Wohnungen. Für Auswahlbezirke der eigenen Gebäudeschicht mit Gemeinschaftsunterkünften beträgt die Richtgröße 15 Personen.

Partielle Rotation

1974-1977: Rotationshälften mit zwei Jahren Verbleib in der Stichprobe, jährlicher Austausch der Hälfte der Auswahlbezirke.

1977-2019: Ein Auswahlbezirk verbleibt vier Jahre in der Stichprobe, jährlich wird ein Viertel der Auswahlbezirke durch neu in die Stichprobe aufzunehmende Auswahlbezirke ersetzt.

Ab 2020: Auswahlbezirke können bis zu viermal befragt werden. Jährlich scheiden ca. 30 Prozent der Auswahlbezirke aus, während ein entsprechend großer Anteil im gleichen Jahr hinein rotiert. Privathaushalte in Auswahlbezirken, die zur LFS-Unterstichprobe gehören, werden unterjährig wiederholt befragt (zwei aufeinanderfolgende Quartale befragt, danach zwei Quartale nicht befragt und dann wieder zwei aufeinanderfolgende Quartale befragt). Diese Haushalte rotieren damit schneller aus der aktuellen Stichprobe heraus. Gemeinschaftsunterkünfte in LFS-Auswahlbezirken werden nur in der ersten und dritten Befragungswelle sowie in der vierten, sofern diese in ein erstes Kalenderquartal fällt, interviewt.

Die aus dem Auswahlbezirk wegziehenden Haushalte und Personen werden nicht weiter befragt, sondern durch zuziehende Haushalte und Personen ersetzt. Der Mikrozensus ist somit eine Wiederholungsbefragung mit teilweiser Überlappung der Erhebungseinheiten. In den Scientific Use Files (Grund- und Regionalfiles) ist die Zugehörigkeit zu einem Rotationsviertel nicht identifizierbar. Die Möglichkeit der Zusammenführung der Querschnittsdaten zu einem Panel ist rechtlich seit dem Mikrozensusgesetz 1996 gegeben. Für Panelauswertungen stehen zwei Panels als Scientific Use Files zur Verfügung: 1996-1999 und 2001-2004. Ab dem Scientific Use File des Mikrozensus 2012 können nach der Umstellung der Substichprobenziehung und der Bereitstellung längsschnittkonsistenter Ordnungsnummern (IDs) Forscherinnen und Forscher selbstständig Längsschnittfiles erstellen (siehe auch: Scientific Use Files des Mikrozensus ab 2012 als Rotationspanel). Einschränkend ist zu erwähnen, dass ab 2016 eine neue MZ-Stichprobe mit der Auswahlgrundlage des Zensus 2011 gezogen wurde, sodass Verknüpfungen der Querschnittsdaten ab dem Erhebungszeitpunkt 2012 nur bis einschließlich der Erhebung 2015 möglich sind. Des Weiteren sind Verknüpfungen der Querschnitte ab 2016 auf den Zeitraum bis einschließlich 2019 beschränkt, da ab 2020 der MZ und weitere Haushaltsstatistiken auf ein grundlegend neues System umgestellt wurden.


Datenerhebung

Die Befragungen fanden bis einschließlich 2019 i.d.R. mündlich (face-to-face) durch Interviewer*innen der Statistischen Landesämter statt (entweder mit Hilfe eines Fragebogens (Paper and Pencil Personal Interview, PAPI) oder – seit den 1990er Jahren – auch computergesteuert mittels Laptop (Computer Assisted Personal Interview, CAPI)). Seit dem Mikrozensus 2005 wird flächendeckend CAPI eingesetzt. Ein Teil der Befragten erteilt die Auskunft schriftlich oder per Telefoninterviews (Computer Assisted Telephone Interview, CATI). Seit 2020 wird die Befragung verstärkt durch Methoden ohne Face-to-Face-Kontakt durchgeführt. Dabei wird auch häufig die 2020 neu eingeführte Möglichkeit, an der Befragung mittels Online-Formular (Computer Assisted Web Interview, CAWI) teilzunehmen, genutzt.

Für die ausgewählten Haushalte und die darin lebenden Personen besteht gemäß der gesetzlichen Regelungen Auskunftspflicht. Einige Fragen sind freiwillig zu beantworten. Der Mikrozensus ist eine Haushaltsstichprobe, d. h. alle Personen in einem Haushalt werden entweder direkt befragt oder eine erwachsene Person gibt Auskunft über die weiteren (alle minderjährigen) Haushaltsmitglieder (Proxy-Interviews). Die erhobenen Daten werden von den Statistischen Landesämtern aufbereitet und beim Statistischen Bundesamt zu einem Datensatz zusammengespielt. Weitere Schritte der Aufbereitung erfolgen zudem zentral durch das Statistische Bundesamt.


Anonymisierung

Leitfaden zur faktischen Anonymisierung statistischer Einzelangaben des Mikrozensus Scientific Use Files.

  1. Direkte Identifikatoren (wie Personen- und sonstige Ordnungsnummern) dürfen nicht weitergegeben werden. Hilfsmerkmale (wie Name und Anschrift, Telefonnummer) sind gemäß Mikrozensusgesetz nicht auf dem Datenträger enthalten.
  2. Die Anordnung der Datensätze im zu übermittelnden Datenbestand muss systemfrei sein.
  3. Es wird nur eine zufällig gezogene Substichprobe von 70 % weitergegeben.
  4. Als unmittelbare Regionalangabe wird nur das Bundesland übermittelt.
  5. Beim Merkmal "Gemeindegrößenklassen" darf keine einzelne Gemeinde mit weniger als 500.000 Einwohner*innen identifizierbar sein. Bei mehreren Gemeinden in einer Klasse müssen diese insgesamt in jedem Bundesland mindestens 400.000 Einwohner*innen umfassen.
  6. Staatsangehörigkeiten oder Gruppen von Nationalitäten, denen weniger als ca. 50.000 Personen in der Bundesrepublik Deutschland angehören, dürfen nicht identifizierbar sein.
  7. Jede ausgewiesene Merkmalsausprägung muss in ihrer univariaten Verteilung in der Grundgesamtheit mindestens hochgerechnet 5.000 Fälle umfassen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist eine sachgerechte Vergröberung/Zusammenfassung vorzunehmen, bis die vorgegebene Fallzahl erreicht wird.

Zu Punkt 3: Das Mikrozensus Scientific Use File (SUF) ist eine faktisch anonymisierte 70 %-Substichprobe. Auswahleinheiten waren bis 2011 Haushalte bzw. Wohnungen des Mikrozensus, wobei alle Personen eines ausgewählten Haushalts bzw. einer Wohnung in der Substichprobe enthalten waren. Wohnungen wurden in den Erhebungsjahren gezogen, in denen das 4-jährige Zusatzprogramm zur Wohnsituation (1998, ..., 2010) durchgeführt wurde. Auswahlgrundlage der systematischen Zufallsauswahl sind die Originaldaten des Statistischen Bundesamtes. Ab 2012 werden als Auswahleinheiten für die Substichprobe die Auswahlbezirke innerhalb eines Rotationsviertels herangezogen.


Gesetzliche Grundlage

Bundesstatistikgesetz (BStatG)

Die Erhebungen der amtlichen Statistik werden durch das Bundesstatistikgesetz geregelt. Das Bundesstatistikgesetz regelt auch die Weitergabe von Daten an die Wissenschaft. Die amtlichen Erhebungen seit den fünfziger Jahren bis zur Gegenwart umfassen einen Zeitraum, der hinsichtlich der jeweils geltenden rechtlichen Gesetze zur Bundesstatistik in drei Perioden unterteilt werden kann (zur Weitergabe von älteren amtlichen Mikrodaten an die Wissenschaft siehe: Allgemeines Statistisches Archiv 88 (4): 473-486).

Mikrozensusgesetze und Rechtsverordnungen

Für die Durchführung einer konkreten Bundesstatistik ist eine spezielle gesetzliche Grundlage (Gesetz oder Rechtsverordnung) erforderlich. Die rechtliche Grundlage des Mikrozensus ist das Mikrozensusgesetz, welches das Fragenprogramm und die Durchführung der Erhebung im Detail regelt. Durch spezielle Verordnungen können z.B. Zusatzprogramme aufgenommen werden. Im Verlauf der Geschichte des Mikrozensus seit 1957 gab es mehrere Mikrozensusgesetze und Verordnungen. Zu den Entwicklungsphasen des Mikrozensus siehe Lüttinger/Riede 1997 [.pdf] und Emmerling/Riede 1997 [.pdf].

Gesetze

EU Verordnungen

Auf Basis von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft können weitere Merkmale erhoben werden. Der Metadatenreport Teil I zum Mikrozensus (Abschnitt 1.2) enthält eine Auflistung der relevanten Verordnungen.


Gewichtung

Bei der Hochrechnung des Mikrozensus wird ein zweistufiges Verfahren verwendet. Im ersten Schritt der Ausfallkorrektur (Kompensation) wird unter Berücksichtigung des Designgewichts von der Nettostichprobe der erfolgreich befragten Haushalte auf die Bruttostichprobe aller zu befragenden Haushalte hochgerechnet. Im zweiten Schritt (Anpassung) wird die so gewichtete Stichprobe an Eckzahlen aus der laufenden Bevölkerungsfortschreibung angepasst. Als Ergebnis des zweistufigen Verfahrens stehen abhängig von den jeweils verwendeten Methoden für die einzelnen Erhebungszeitpunkte verschiedene Hochrechnungsfaktoren zur Verfügung.


Zeitliche Vergleichbarkeit

Wegen des Übergangs auf die unterjährige Erhebungsform sind die Ergebnisse ab 2005 mit früheren Jahresergebnissen nur eingeschränkt vergleichbar. Um die Umsetzung des Labour-Force-Konzepts der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu verbessern, sind seit der Erhebung 2005 die Fragen zur Arbeitsmarktbeteiligung und die Feldarbeit verändert worden. Zeitliche Vergleiche können deshalb auch methodisch bedingte Änderungen beinhalten. (Siehe hierzu: Statistisches Bundesamt, 2012: Methodeninformation. Mikrozensus und Arbeitskräfteerhebung: Ergebnisse zur Erwerbstätigkeit ab dem Jahr 2011. Wiesbaden [.pdf]).

Durch die neue Auswahlgrundlage der Stichprobe für die Erhebung 2016 ergeben sich Einschränkungen in der Vergleichbarkeit zu den Vorjahren.

Durch grundlegende methodische Änderungen und Probleme bei der Datenerhebung im Jahr 2020 (und in geringerem Maße auch 2021) ist die Vergleichbarkeit mit Vorjahren nur eingeschränkt möglich.

Weitere Hinweise können den Seiten zum jeweiligen Mikrozensus-Erhebungsjahr („Besonderheiten und Vergleichbarkeit“) und den Qualitätsberichten zum Mikrozensus entnommen werden.


Räumliche Vergleichbarkeit

Die integrierte EU-Arbeitskräfteerhebung (LFS), die seit 2020 integrierte Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) und die seit dem 2021 integrierte Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in privaten Haushalten (IKT) ermöglichen Vergleiche mit anderen EU-Mitgliedsstaaten. National liegen vergleichbare Ergebnisse für die Bundesländer und kleinere räumliche Einheiten vor.


FAQ

Weitere allgemeine Informationen zum Mikrozensus sind auf den Seiten des Statistischen Bundesamtes (Was ist der Mikrozensus?) und der Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder abrufbar.

Quellen

Statistisches Bundesamt: Qualitätsberichte zum Mikrozensus (ab 2006)

Statistisches Bundesamt: Erläuterungen zum Mikrozensus.

Statistisches Bundesamt: Fachserien zum Mikrozensus:

  • Haushalte und Familien, Fachserie 1 Reihe 3 (online ab Mikrozensus 2002)
  • Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Fachserie 1 Reihe 2.2 (online ab 2005)
  • Stand und Entwicklung der Erwerbstätigkeit in Deutschland, Fachserie 1 Reihe 4.1.1 (online ab 2003)
  • Beruf, Ausbildung und Arbeitsbedingungen der Erwerbstätigen in Deutschland, Fachserie 1 Reihe 4.1.2 (online ab 2003)
  • Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Fachserie 5 Heft 1 (online ab 2006)

Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (2016): Erhebungsunterlagen (ab Mikrozensus 1973)