Um die Ziele von PIAAC zu erreichen, hat das internationale PIAAC-Konsortium ein spezielles Erhebungsdesign und entsprechende Erhebungsinstrumente für den zweiten Zyklus von PIAAC entwickelt. Die Rahmenkonzeptionen für alle Messdomänen wurden von hochrangig-besetzten internationalen Gruppen aus Expert*innen überarbeitet, erweitert bzw. entwickelt. Bei der Entwicklung der Instrumente wurde sowohl darauf geachtet, durch hinreichend viele Fragen und Aufgaben, den Trend zum ersten Zyklus zu ermöglichen, als auch neue und aktuelle Inhalte (z. B. unter Berücksichtigung der zunehmenden Digitalisierung) abzudecken.
Das PIAAC-Interview besteht aus zwei zentralen Modulen, die in Zyklus 2 mit einem Tablet durchgeführt werden: Neben einem persönlich-mündlich durchgeführten Hintergrundfragebogen, welcher wichtige soziodemographische und andere Individualdaten erhebt, gibt es eine Kompetenzmessung, bei der die befragten Personen selbstständig alltagsnahe Aufgaben bearbeiten. In dem zweiten Zyklus von PIAAC umfasst die Kompetenzmessung erneut die Lesekompetenz und die alltagsmathematische Kompetenz; um die unteren Kompetenzstufen differenziert zu erfassen, werden auch die grundlegenden Komponenten der Lesekompetenz und die grundlegenden Komponenten der alltagsmathematischen Kompetenz gemessen. Eine wichtige Innovation in dem zweiten Zyklus von PIAAC ist die erstmalige Messung der Domäne adaptives Problemlösen.
Im Hintergrundfragebogen werden demographische und weitere zentrale Informationen der befragten Person erfasst. Dazu gehören beispielsweise Fragen zum Alter, zum Bildungshintergrund (z. B. Bildungsabschluss oder Weiterbildungsaktivitäten), zur Berufsbiografie sowie Hintergrundinformationen zum familiären Umfeld (z. B. Haushaltsgröße, Sprache, die am häufigsten zu Hause gesprochen wird). Die befragten Personen werden auch gebeten, anzugeben, wie oft sie verschiedene Fertigkeiten im Alltag nutzen; erwerbstätige Personen werden darüber hinaus zusätzlich befragt, wie oft sie verschiedene Fertigkeiten bei der Arbeit einsetzen. Des Weiteren gibt es Fragen zu Persönlichkeitsmerkmalen und Einstellungen der befragten Personen.
Mithilfe dieser Informationen können unter anderem wichtige Einflussfaktoren für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Kompetenzen im Erwachsenenalter exploriert werden.
Die zentralen Elemente des PIAAC-Hintergrundfragebogens sind:
Lesekompetenz (Literacy) bedeutet, auf geschriebene Texte zuzugreifen, sie zu verstehen, zu bewerten und zu reflektieren, um die eigenen Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial zu entwickeln und an der Gesellschaft teilzunehmen. Die Lesekompetenz stellt eine wichtige Voraussetzung dar, weitere Fertigkeiten zu erwerben. Das Konzept der Lesekompetenz in PIAAC Zyklus 2 berücksichtigt auch das veränderte Leseverhalten durch die zunehmende Digitalisierung der modernen Gesellschaft. Der Fokus liegt daher verstärkt auf digitalem Lesen von Texten, die über verschiedene Orte verteilt und miteinander verlinkt sind. Somit sind Navigation, strategisches Scannen sowie zunehmend die Evaluation der Vertrauenswürdigkeit von Textquellen erforderlich. Die Aufgaben zur Lesekompetenz sind alltagsnah und behandeln vielfältige Kontexte. So könnten zum Beispiel gewisse Informationen zu Gesundheitsthemen auf verschiedenen Webseiten oder Kundenbewertungen in elektronischen Medien recherchiert werden oder Fragen zu einem Artikel beantwortet werden.
Die grundlegenden Komponenten der Lesekompetenz (Reading Components) haben das Ziel, ein genaueres Bild von Erwachsenen mit eher geringerer Lesekompetenz zu erhalten. In den Aufgaben werden basale Fähigkeiten gemessen, die für das Lesen und Verstehen von schriftlichen Texten erforderlich sind, wie das Verstehen von einzelnen einfachen Sätzen und Absätzen.
Alltagsmathematische Kompetenz (Numeracy) bedeutet, sich verschiedene mathematische Informationen zugänglich zu machen, über diese kritisch nachzudenken und diese zu nutzen, um so mit mathematischen Anforderungen in unterschiedlichen Alltagssituationen Erwachsener umzugehen. In einer Zeit, in der Menschen in Beruf und Alltag häufig mit numerischen und mathematischen Informationen konfrontiert werden, ist die alltagsmathematische Kompetenz von besonderer Bedeutung. Mögliche Aufgaben wären beispielsweise Berechnungen von Materialbedarf im handwerklichen Kontext oder auch die Interpretation von numerischen Informationen in Grafiken und Tabellen. Insgesamt umfassen die Aufgaben unterschiedliche Alltagsbereiche und decken ein breites Spektrum an Anforderungen ab.
Die grundlegenden Komponenten der alltagsmathematischen Kompetenz (Numeracy Components) haben das Ziel, ein genaueres Bild von Erwachsenen mit eher geringerer alltagsmathematischer Kompetenz zu erhalten. Die Aufgaben mit dem Schwerpunkt Zahlenverständnis wurden neu für Zyklus 2 entwickelt.
Adaptives Problemlösen umfasst die Fähigkeit, eigene Ziele in einer dynamischen Situation zu erreichen, bei der eine Methode zum Erreichen der Lösung nicht unmittelbar verfügbar ist. Hierfür sind kognitive sowie metakognitive Prozesse erforderlich, um in vielfältigen Umgebungen und Kontexten das Problem zu definieren, nach Informationen zu suchen, und die Lösung umzusetzen. Diese Domäne sowie das entsprechende Instrument wurden neu für Zyklus 2 entwickelt und stellen eine wichtige Innovation dar. Die Aufgaben sind in lebensnahen Szenarien mit einer interaktiven Umgebung eingebettet. Die Organisation von Reisen oder Feiern in Abstimmung mit anderen (virtuellen) Personen oder die Planung, Steuerung und Überwachung von Systemen (beispielsweise Produktionsmaschinen oder Anlagen) könnten Beispiele für Aufgaben aus dieser Domäne sein.
Die Erhebungsinstrumente wurden 2021 in einer Feldstudie getestet. Anhand der Ergebnisse der Feldstudie erfolgte die finale Auswahl an Fragen für den Hintergrundfragebogen und Aufgaben für die Kompetenzmessung in der Hauptstudie. Hierbei wurde unter anderem berücksichtigt, dass im Unterschied zu Zyklus 1 die Erhebung nicht mit einem Laptop, sondern mit einem Tablet erfolgt, bei dem in der Kompetenzmessung beispielweise auch Touch-Funktionalitäten implementiert sind. Das internationale Konsortium hat unter anderem mit den Daten der Feldstudie geprüft, ob hier etwaige Mode-Effekte im Vergleich zu Zyklus 1 auftreten. Für die Feldstudie wurden die Erhebungsinstrumente von allen teilnehmenden Ländern unter Einhaltung von hohen Standards übersetzt. Mit den Daten der Feldstudie war es möglich, die Äquivalenz der Übersetzungen zu prüfen und Korrekturen für die Hauptstudie vorzunehmen.